Architekt Michael Flagmeyer Revitalisierung altes Gaswerk Nordhausen, Sicht von der Zorge
Nordhausen

Revitalisierung Altes Gaswerk


Situation

Im Rahmen einer Studie wurde die seit den 1970er Jahren brach liegende Industriefläche „Altes Gaswerk“ in Nordhausen untersucht, die Bauhistorie des Geländes sowie einzelner Bauten erforscht und mögliche Nutzungen des mit Schadstoffen belasteten Areals aufgezeigt. Eine umfangreiche zeichnerische Dokumentation mit Lageplänen, Grundrissen, Ansichten und 3D-Modellen der unterschiedlichen Bauepochen rundet die Übersicht ab.


Analyse der Bausubstanz

Allgemeines

Nahezu sämtliche Gebäude sowie deren Nebenanlagen auf dem Gelände der Gaswerke stammen aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Lediglich drei Gebäude sind nach Aussage einer Kommission für Denkmalpflege in eine Neuplanung des Areals am Siechenhof mit einzubeziehen. Ihr Erhalt als wichtige Zeitzeugen der Entwicklung der Gaswerke ist wünschenswert.

Die übrigen Bauten stellen einfache An- und Umbauten dar. Deren Bausubstanz ist so weit geschädigt, dass das Betreten schon um 1990 polizeilich untersagt wurde. Durch unplanmäßige Erweiterungen der Werke entstand ein Konglomerat verschiedener technischer Gebäude. Der Höhepunkt dieser Entwicklung wurde um 1937 erreicht. Nach dessen Überschreiten reduzierte sich die bebaute Fläche des Gebietes stückweise bis zum Erreichen des Ausgangswertes von 1856.


Wohn- und Verwaltungsgebäude

Baugeschichte

In den am 16. August 1859 angelegten Bauakten der Gaswerke findet sich der erste Vermerk 1878. Da die Gasversorgung der Stadt Nordhausen nach Einsichtnahme der Akten im Kreisarchiv im Jahr 1856 beginnt, ein Stadtplan aus dem Jahr 1848 das Gelände nördlich des "Siechenhofes" noch als Feld ausweist, die Adressbücher hingegen erst 1855 die Ortsbezeichnung "Hinter dem Siechentore" führen, liegt der Entstehungszeitraum des Gebäudes um 1855–1856.

1878 wurde das bis dahin als Wohn- und Verwaltungsgebäude um einen zweigeschossigen Anbau im Osten erweitert. Die neu geschaffenen Räume im Erdgeschoss erhielten einen separaten Zugang. Die beiden Zimmer im Obergeschoss wurden an die dort vorhandenen angekoppelt.

1899 wurde der bis dahin im Norden symmetrisch gelegene Haupteingang mit sich axial im Süden anschließenden Treppenhaus nach Süden verlegt. Der nun gewonnene Raum des ehemaligen Vestibüls im Norden wurde den Büroräumen im Erdgeschoss angegliedert. Durch den Umbau verschiedener Trennwände im Erdgeschoss und das Einbringen einer zusätzlichen Toilette wurde die ursprünglich symmetrische Grundrissorganisation aufgegeben.

Dieser größere Umbau war die letzte angezeigte bauliche Veränderung bis in das Jahr 1997.


Zustand


Bedingt durch die Nutzung des Gebäudes bis in die 90er Jahre und dessen massive Bauweise zeigt die Konstruktion geringe Mängel.

Der Boden des Kellergeschosses mit angrenzenden Außenwänden ist leicht durchfeuchtet (hoher Grundwasserstand!). Die Kellerwände zeigen Salzausblühungen. Die Treppe ist teilweise eingestürzt, die Eindeckung des Daches ist durch Risse und Blasen an einigen Stellen schadhaft.

Das klassizistische Gebäude wurde in seiner solitären Wirkung mit vier symmetrischen Fassaden durch den Anbau von 1897 und die Verlegung des Haupteinganges nach Süden empfindlich gestört. Die innere Neuorganisation des Grundrisses machte eine Aufweitung eines Fensters der Südfassade zum Eingang sowie ein weiteres, unsymmetrisches Toilettenfenster im Erdgeschoss, nötig.

Direkt vor dem ehemaligen Hauptportal im Norden verlief seit ca. 1970 eine Fernwärmeleitung. Um die zentrale Lage sowie die solitäre Wirkung des Gebäudes wiederherzustellen, wird in der Konzeption der Zustand von 1896 angestrebt.


Bisherige Nutzung


Das als Villa des Fabrikbesitzers konzipierte Gebäude wurde seit seiner Entstehung bis in die Jahre 1930–1940 als Wohnhaus genutzt. Parallel dazu diente das Erdgeschoss stets zur Verwaltung der Werke und als öffentliche Anlaufstelle der Abnehmer. Ab 1940 etwa dienten beide Geschosse ausschließlich der Werksleitung; seit 1992 steht das Gebäude leer.



Magazingebäude

Baugeschichte

Das Gelände südlich des Wohn- und Verwaltungsbaues wurde erst in den Jahren 1896–97 von den Continental-Gaswerken Dessau, NL Nordhausen, von der Stadt erworben. Somit vergrößerte sich das Areal der Werke bis an die Grenzen des Siechenhofes heran. An der Flussseite des neuen Grundstückes beabsichtigten die Werke 1897 einen dreigeschossigen Magazinneubau nebst neuer Schmiede zu errichten. Nach genehmigtem Bauantrag wurde jedoch nicht der ursprüngliche, sondern ein zweiter Entwurf für das Gebäude ausgeführt.

Bis 1926 wurde das Gebäude und die Schmiede nahezu unverändert genutzt. Lediglich einige Trennwände wurden im ersten und zweiten Obergeschoss des Magazingebäudes verändert. Der neu abgeteilte Raum wurde in eine Wohnung sowie eine Musterküche für Ausstellungszwecke verschiedener Gasgeräte im Haushalt umgewandelt.

1926 erhöhte man die Schmiede um ein weiteres Lagergeschoss. Die Schmiede wurde im Jahre 1937 ebenfalls aufgestockt. Dies war die letzte angezeigte bauliche Veränderung des Magazingebäudes seit dessen Errichtung 1897.


Zustand

Das Gebäude zeigt sich ohne erhebliche Mängel. Durch Anbau der Schmiede wurde der ausgewogene Gesamteindruck des symmetrischen Gebäudes, gleich dem Wohnhaus, beeinträchtigt.

Um die im Entwurf von 1896 gewollte, symmetrisch-körperhafte Aussage des Baus zu erreichen, schlägt die Konzeption einen Rückbau der Schmiede auf den Grundentwurf vor.


Bisherige Nutzung

Seit seiner Errichtung im Jahre 1897 diente der Bau als Lager und Ausstellungsraum für Zubehörteile von Gasanlagen und -geräten. Erste Umbauten nach der Jahrhundertwende dienten dem Einbau einer Wohnung im zweiten Obergeschoss sowie der Einrichtung einer Musterküche mit verschiedenen Gasgeräten. Der Schmiedeanbau wurde als Schmiede und Garage, weiter als Lager im Obergeschoss genutzt. Mit der letzten Aufstockung 1935 wurde eine Wohnung im zweiten Obergeschoss des Anbaus eingerichtet.

Bis zur endgültigen Stilllegung des Areals 1992 erfüllte der Bau fast alle oben genannten Funktionen. Die ca. 23.000 m2 große Brache inmitten der Stadt wurde bis 1997 bewohnt.


Ammoniakfabrik

Baugeschichte

Da die Gewinnung von Stadtgas eine Horizontalfeuerungsanlage nötig machte, war das Gebäude der Ammoniakfabrik eines der ersten auf dem Gelände der Gaswerke. Dabei bezeichnet "Ammoniakfabrik" nur einen westlichen Anbau an das Gebäude des Horizontalofens, bürgerte sich aber seit 1880 als Ausdruck für das Gesamtgebäude in den Bauakten ein.

Der ursprüngliche Bau wurde in der Zeit von 1856 bis 1879 zwischen zwei bestehende Gebäude gesetzt. Diese sind längst abgerissen, ihre Lage ist jedoch noch am verbliebenden Anhydrit-Giebelmauerwerk in den in der Nordfassade ablesbar. Beide Anbauten wurden 1910 durch eine Brandwand mit Brandschutztüren getrennt. Die technischen Einbauten wurden zum Teil zwischen 1950 und 1970 demontiert oder fielen dem Verfall zum Opfer.


Baulicher Zustand

Durch die großflächige Zerstörung der Dachhaut durch Brand und Einsturz ist das Innere des Gebäudes durchnässt und der Boden teils bewachsen. Der Wechsel von Tau- und Frostperioden führte zu großflächigen Rissen im Estrich. Die Galerie des Horizontalofens in 5,00 m Höhe ist durch thermische Beanspruchung (Brandeinwirkung) stark deformiert. Die Außenwände aus Klinker zeigen geringe Schäden.


Bisherige Nutzung

Bis zur Stilllegung der Gaswerke 1972 und Übernahme des Geländes durch den Schachtbau Nordhausen wurde das Gebäude noch als Horizontalofen genutzt. Seit dieser Zeit diente es als Lager und steht seit 1992 leer.


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Bauherr

Landkreis Nordhausen


Status

Studie


Standort

Nordhausen


Kategorie

Umbau/Modernisierung


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